|
Ein unterhaltsamer Lehrgang von Andreas Horwath in sieben Teilen um eine zu Unrecht
verkannte Tonart
Ja, genau. Warum eigentlich Ces-dur. Wieso nimmt man nicht H-dur, das sind dann nicht
sieben b sondern nur fünf #? Die Antwort darauf ist ziemlich einfach, zumindest in der
Blasmusik: zum ersten hätten b Instrumente dann 7 # anstatt 5 b und Es-Instrumente gar
8 #, einen ganzen Maschendrahtzaun ######## also, anstatt 4 b. Zum zweiten sind b Tonarten
in der Blasmusik wesentlich stärker verbreitet als # Tonarten, ich denke da nur an die schönen
Trios von Alte Kameraden oder Mars der Medici. Also wäre das schon einmal geklärt.
Ist es so, wenn ich sieben b habe und eine Tonleiter aus acht Tönen besteht, dass dann
jeder nach unten versetzt wird? Im Prinzip ja, lauter Absteiger tummeln sich in Ces-dur:
ces, des, es, fes, ges, as, b und wieder ces. Vor lauter es und as weiß ich nicht mehr,
wo mir der Kopf steht. Eigentlich doch nicht so schwer, einfach jeden Ton von B-dur einen Halbton
höher greifen. Und B-dur ist doch eine leichte Tonart, wie kann Ces-dur dann schwieriger
sein?
Diese und weitere Fragen werden im zweiten Teil beantwortet.
Warum ist Ces-dur eigentlich als so schwierig bekannt? Und B-dur leicht?
Greifen muss ich die Töne so oder so. Oder fehlt da nur die Übung?
Ich möchte diesen Fragen am Beispiel eines Blechblasinstruments
- um genau zu sein, für die C Instrumente, die im Bassschlüssel
spielen, denn die B Instrumente haben ja zwei b weniger - also am Beispiel
eines Blechblasinstruments verdeutlichen.
Zuerst die einfache Tonart B-dur.
Die Töne b, c, d, e, f, g, a, b werden folgendermaßen gegriffen:
0 (keine Klappe, also leer), 1+3, 1+ 2 (oder 3), 1, 0, 1+2 (oder 3), 2,
0. Wenn man nun annimmt, dass es am leichtesten ist, nicht eine Klappe
zu halten und es leicht ist, nur eine zu drücken, dann hat B-dur:
3 am leichtesten, 2 (oder 4) leichte und 3 (oder 1) schwierigere Griffe.
Ist das zu kompliziert? Ich habe nicht behauptet, dass es leicht wird.
Jedoch kann man sich die Griffe von jedem Tubisten, Baritonisten und wenn
man vom Trompeter C-dur verlangt zeigen lassen.
Kommen wir nun zu Ces-dur: wiederhole die Töne im Geiste (sie standen
in Teil 1). Sie werden gegriffen: 1+2+3, 2+3, 1, 2, 2+3, 1, 0, 1+2 (oder
3). Nimmt man dann noch an, dass 1+2+3 ein besonders schwieriger Griff
ist, dann hat Ces-dur: 1 am leichtesten, 3 (oder 4) leichte, 3 (oder 2)
schwierigere und 1 besonders schwierige Griffe. Wir vergleichen und fragen
uns.
Weiter geht es im dritten Teil.
Bevor ich antworte, möchte ich eine andere Statistik anführen.
In meiner Blasmusikpraxis habe ich bestimmt tausend Mal B-dur gespielt,
jedoch nur drei Mal Ces-dur und von diesen drei Malen zweimal in Manege
Frei! (Sie kennen Manege Frei! noch nicht? Dann klicken Sie
hier
!)
Das ist also
ein Verhältnis von 3 zu 1000 oder 3 Promille. Im Straßenverkehr
ist das viel, hier jedoch sehr wenig.
Ich kann also auch schlussfolgern, mir fehlt nur die Übung. Denn
wenn man etwas oft tut, dann kann man es irgendwann. Und wenn man etwas
gar nicht tut, dann kann man es meistens nicht, von Naturtalenten einmal
abgesehen. Das ist immer so.
Also muss man üben, üben, üben. Und um dies zu tun, gibt
es gleich den vierten Teil.
Während ich vorher nur die Blechbläser angesprochen habe,
die Holzbläser und Schlagzeuger unter Ihnen mögen es mir verzeihen,
können die folgenden Übungen von jedem Instrument ausgeführt
werden. Natürlich in der entsprechenden Tonart: Ces-dur für C,
Des-dur für B, Ges-dur für F und As-dur für Es Instrumente.
Fällt Ihnen dabei etwas auf? Nein, dann müssen Sie sich noch
bis zum sechsten Teil gedulden.
Nun aber zur ersten Übung überhaupt: Spiele die Tonleiter,
langsam, in ganzen, in zwei Halben und vier Vierteln. Versetze dich in
deine Finger und beobachte ganz genau, was sie machen.
Die zweite Übung ist schon schwieriger: spiele auf jedem Ton zwei
Achtel und achte in deinen Fingern darauf, dass der Griffwechsel schön
schnell und sauber von statten geht. Verkrampfen die Finger, dann mach
eine kleine Pause. Nicht dass du vom Ces-dur-Spielen Muskelkater bekommst.
Da aller guten Dinge drei sind, gibt es noch eine Übung: beschleunige
langsam das Tempo der Achtel und suche, wann die Wechsel unsauber werden,
wann die Finger schwerer werden.
Gefunden? Dann gibt es jetzt den fünften Teil. Alle anderen müssen weiterüben.
Nun wird es auch Zeit, dass wir mehr als nur einen Ton hintereinander
spielen. Darum verfolge Übung vier und spiele immer drei Töne
nacheinander, gehe dann einen zurück und spiele von diesem wieder
drei nacheinander und so weiter. Wenn du beim oberen Ton angelangt bist,
wiederhole das ganze abwärts. Zu kompliziert? Hier die Auflösung
in Ces-dur: ces-des-es, des-es-fes, es-fes-ges und so weiter.
Übung fünf: spiele Übung vier immer mit vier Tönen
nacheinander.
Und Übung sechs ist, dass du Intervalle spielen musst, also zum
Beispiel in Übung vier immer den mittleren Ton der Dreiergruppe auslassen,
in Übung fünf die beiden mittleren, spiele bis zur Königsintervall-Übung:
lass unten immer das ces liegen und spielen mit jedem zweiten Ton die Tonleiter
hoch. Welcher Ton kommt nach fes und wie wird es gegriffen? Vergriffen?
Nicht traurig sein. Für Ces-dur ist das: ces-des, ces-es, ces-fes
und so weiter.
Die siebte ist die Kreativübung: spiele ein Lied deiner Wahl in
Ces-dur. Damit es schwieriger wird, spiele es zuvor in einer anderen Tonart
die du kannst. Volkslieder sind gut geeignet, da hier viele Intervalle
und Tonleiterausschnitte vorkommen.
Ist dir etwas aufgefallen? Diese Übungen kann man eigentlich bei
jeder Tonart anwenden. Doch nun zum sechsten Teil, für die, denen nichts aufgefallen ist.
Vorher sprach ich von der Tonart in einer Instrumentenstimmung: Ces-dur
für C, Des-dur für B, Ges-dur für F und As-dur für
Es Instrumente. Wenn ich mir die Anzahl b vorstelle und für jedes
Paar zusammenzähle, dann kommt immer sieben heraus. Spielt dann jeder
immer in Ces-dur?
Bei den Blechbläsern ja: Tuben, Euphonien, Hörner und Trompeten
greifen immer gleich. Denn hier sind nicht die Instrumente unterschiedlich
gestimmt, sondern nur die Töne werden anders notiert. Bei den Holzbläsern
funktioniert das nicht, da die Stimmungen zu unterschiedlich sind.
Dass Ces-dur und sieben eine besondere Beziehung haben liegt auf der
Hand. Sieben b, sieben Zeichen, Preise haben die Quersumme sieben und nun
geht es zum siebten und letzten Teil.
Wir haben festgestellt: Ces-dur ist schwieriger als B-dur, zumindest
muss geübt werden. Wieso nimmt ein Komponist dann nicht einfach B-dur?
Dadurch würden doch viele Schwierigkeiten von vornherein ausgeräumt.
Nun zum einen wäre ein Leben in B-dur ziemlich fade. Wie wenn es
jeden Tag Reis gäbe. Zum anderen möchte ich in Des-dur schreiben,
davor aber zwei Halbton-Modulationen nach oben machen. Wo fange ich also
an? Bingo. Nachzulesen in Manege frei! (Wie Sie kennen es immer noch nicht?
Dann bitte schleunigst
hier
klicken!)
Und, meine persönliche Meinung, klingt Ces-dur sehr schön
und warm. Schwierig zu intonieren, doch hat diese Tonart ein einzigartiges
Flair und ich hoffe, dass ich sie noch oft einsetzen kann. Denn ...
... von wegen Ces-dur sei schwierig.
Andreas Horwath, 05.09.2002